Kommentar zu den Folgen des Fax-Verbots im österreichischen Gesundheitswesen von Stephan Leschke, CEO der Ferrari electronic AG
Berlin/Teltow, 5. Februar 2025 – Digitalisierung per Analog-Verbot – wenn es nur so einfach wäre. Dass es leider nicht so einfach ist, beweist derzeit ein Blick auf das österreichische Gesundheitssystem. Trotz langer Vorlaufzeiten und des Angebots von alternativen Kommunikationswegen, scheitert der Austausch zwischen Ärzten, Kliniken und anderen Akteuren im Gesundheitswesen am Fax-Verbot, das seit erstem Jänner in Kraft ist.
Die Leidtragenden sind natürlich Patientinnen und Patienten, aber auch die Ärzteschaft, Pflegende und Verwaltungsangestellte, die verzweifelt versuchen, den Austausch von Befunden, Bildern und Laboranalysen auf anderem Weg zu organisieren. Schadenfreude ist deshalb fehl am Platz, wenn man liest, dass CD-ROMs und USB-Sticks mit vertraulichen Patientendaten per Taxi oder gar Rettungsauto zwischen Arztpraxen, Labor und Klinik hin- und hergefahren werden. Warum verbietet man alternativlos eine analoge Technologie, um sich am Ende einer noch analogeren bedienen zu müssen?
Ohne einzelne Details des Verfahrens und der Technologien zu kennen, drängen sich für Beobachter aus der Ferne mehrere Fragen auf:
- Erstens, das Fax-Verbot kam nicht plötzlich, sondern war seit mindestens 2020 geplant und wurde nur Pandemie-bedingt auf 1. Jänner 2025 verschoben. Warum ist es also in fünf Jahren nicht gelungen, die Anwender auf die alternativen Systeme umzustellen und deren Funktionsfähigkeit und Akzeptanz sicherzustellen?
- Zweitens scheint es ein wildes Durcheinander von Systemen zu geben, die miteinander nicht kompatibel sind. Warum wurde hier nicht auf Standards oder den kleinsten gemeinsamen Nenner gesetzt, um den Datenaustausch zu gewährleisten?
- Und drittens, warum zwingt man dem Gesundheitswesen ein Fax-Verbot auf? Natürlich muss das analoge Faxgerät weichen, es kann jedoch problemlos durch moderne Dokumentenaustauschlösungen auf Basis innovativer Fax-Server ersetzt werden. Moderne Faxserver sind längst in der IP-Welt angekommen, lassen sich an E-Mail-Systeme koppeln, digitalisieren Dokumente, bieten einen manipulations- und rechtssicheren Dokumentenaustausch.
Es ist schon richtig, dass die technologischen Grundlagen des Faxgeräts aus dem 19. Jahrhundert stammen, wie einige Journalisten anmerken. Aber auch an der Faxmaschine ist die Technologieentwicklung nicht spurlos vorübergegangen. Eher im Gegenteil: Hier hat ein enormer Technologiewandel stattgefunden. Moderne Dokumentenaustauschlösungen klinken sich nahtlos in bestehende Internet-Protocol-basierte Kommunikationslösungen ein und sorgen dafür, dass Dokumente wie Faxe beispielsweise verschlüsselt per E-Mail verschickt und direkt im digitalen Krankenhausinformationssystem weiterverarbeitet werden können. Ein Faxgerät in dem Sinne ist dafür gar nicht mehr notwendig, aber trotzdem kompatibel, etwa wenn die Gegenstelle nur auf diesem Wege empfangen kann. Man kann also auch das Neue tun, ohne das Alte einfach abzuschalten. Sprich, bewährte Prozesse ins Hier und Jetzt überführen und die Digitalisierung und Automatisierung vorantreiben, ohne das Rad komplett neu zu erfinden.
Einer der größten deutschen Klinikverbünde, die Gesundheit Nord in Bremen, verschickt übrigens pro Tag rund 5.000 digitale Faxe. Nur zum Vergleich: Es gibt Bankprozesse, die bis zu 8.500 digitale Faxprozesse pro Tag erzeugen.
Man kann nur hoffen, dass in Österreich genau untersucht wird, wie es zu dem aktuellen Desaster kommen konnte und daraus Schlüsse für zukünftige Digitalisierungsprojekte hierzulande und auch anderswo ziehen: von der Planung gemeinsam mit den Betroffenen bis hin zur Auswahl einer passenden Technologielösung mit den richtigen Plattformen und Standards. Digitalisierungsprojekte müssen den hektischen Arbeitsalltag in Gesundheitsberufen erleichtern, Prozesse optimieren und höchste Sicherheit im Umgang mit sensiblen Daten gewährleisten. Und sie müssen im Gesundheitswesen natürlich dazu führen, dass sich Patientinnen und Patienten im wahrsten Sinne des Wortes, gut behandelt fühlen.